In der Praxis scheitern häufig Vorsorgevollmachten, die auf Basis eines Formulars oder durch einen Notar erstellt worden sind. Zwar erkennt die Rechtsprechung grundsätzlich den Vorrang einer Vorsorgevollmacht an, allerdings setzt sich in vielen Fällen die gesetzliche Betreuung durch. Wir weisen auf die aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit folgendem Inhalt hin:
„Ein Betreuer darf nur bestellt werden, soweit die Betreuerbestellung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB). An der Erforderlichkeit fehlt es, soweit die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB). So wie die – eine Betreuung erfordernde – Krankheit mit hinreichender Sicherheit feststehen muss, eine bloße Verdachtsdiagnose also nicht ausreicht, genügt ein bloßer Verdacht nicht, um die Vermutung der Wirksamkeit einer vorliegenden Vollmachtsurkunde zu erschüttern. Kann die Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht nicht positiv festgestellt werden, bleibt es somit bei der wirksamen Bevollmächtigung (Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 – XII ZB 425/14 – FamRZ 2016, 701 Rn. 11). Eine Vorsorgevollmacht steht daher der Bestellung eines Betreuers grundsätzlich entgegen.
Ob eine bestehende Vollmacht dann, wenn sie in Zweifel gezogen wird, dem Bevollmächtigten ermöglicht, die Angelegenheiten des Betroffenen ebenso gut wie durch einen Betreuer zu besorgen, ist eine nachgeordnete Frage, die sich erst stellt, wenn die Frage der Wirksamkeit der Vollmacht im Rahmen der Aufklärung von Amts wegen nach § 26 FamFG ausermittelt ist und nicht positiv festgestellt werden kann, ob sie wirksam oder unwirksam ist (Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 – XII ZB 425/14 – FamRZ 2016, 701 Rn. 12). Dabei entscheidet der Tatrichter über Art und Umfang seiner Ermittlungen nach pflichtgemäßem Ermessen. Dem Rechtsbeschwerdegericht obliegt lediglich die Kontrolle auf Rechtsfehler, insbesondere die Prüfung, ob die Tatsachengerichte alle maßgeblichen Gesichtspunkte in Betracht gezogen haben und die Würdigung auf einer ausreichenden Sachaufklärung beruht (Senatsbeschluss vom 17. Februar 2016 – XII ZB 498/15 – FamRZ 2016, 704 Rn. 13 mwN).“
(Bundesgerichtshof vom 19.10.2016, XII ZB 289/16)
Prof. Dr. Wolfgang Böh, München-Gräfelfing
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Steuerrecht