Wenn ein Bevollmächtigter sich dazu entscheidet, den Vollmachtgeber in ein Pflegeheim zu verlegen,
das sich in großer räumlicher Distanz zu den Familienangehörigen befindet und dies zu einer schweren
Beeinträchtigung zwischen dem Vollmachtgeber und Familienangehörigen führt, kann dies zur
Ungeeignetheit des Bevollmächtigten führen. Dies hat zur Folge, dass er die Vollmacht nicht mehr
ausüben darf und eine Betreuung eingerichtet wird. Es kommt darauf an, ob die Entscheidung für das
weit entfernte Pflegeheim durch gewichtige Gründe gerechtfertigt ist. Erforderlich ist eine
Gesamtschau aller Umstände, die gegen eine mögliche Eignung des Bevollmächtigten sprechen
könnten. Die Einrichtung einer Betreuung trotz Vorsorgevollmacht stellt zwar einen gewichtigen
Grundrechtseingriff dar. Es kann sich jedoch auf der anderen Seite aus grundrechtlichen
Schutzpflichten ebenso ergeben, dass die Einrichtung einer Betreuung erforderlich ist. Dies ergibt sich
aus der Schutzpflicht des Staates nach Art. 6 GG, wonach dieser verpflichtet ist, Ehe und Familie zu
schützen.
In dem vom BGH (Beschluss v. 21.04.2021, AZ XII ZB 164/20) entschiedenen Fall ging es um eine
82jährige, die von dem Bevollmächtigten (Sohn) in ein 200 km entferntes Pflegeheim verlegt wurde
und somit die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr möglich war.
Auch wenn vollstationäre Pflegebedürftigkeit vorliegt, müssen Bevollmächtigte ebenso wie Betreuer
die eheliche Lebensgemeinschaft (und in anderen Fällen im Übrigen auch familiäre Bindungen
zwischen erwachsenen Kindern und Eltern) in gebotener Weise achten. Andernfalls kann dies zur
Ungeeignetheit und Verlust der Vollmacht führen.
Prof. Dr. Volker Thieler
Rechtsanwalt